Baumann

Wie ihr mit der Baumann Steuerberatungs-GmbH dem Grusel entgehen könnt

„Was? Wirklich? Muss das jetzt noch sein? Wir sind doch auf dem Weg zur Halloweenparty.“

„Ja, ja, ich weiß. Es tut mir auch leid. Aber diese blöde Steuererklärung muss eben noch weg. Und weil heute der letzte Tag der Frist ist und ich keinen Zugang zu diesem blöden elster beantragt habe, bleibt nur noch, sie in den Briefkasten des Finanzamtes zu werfen. Stand so bei Google.“

„Klasse! Dann hoffen wir mal, dass Google recht behält und der Umweg wenigstens nicht grundlos war.“

Ben und sein Kumpel Max waren unterwegs zu der größten Halloween-Veranstaltung der Stadt. Ben, der Arzt mit Leib und Seele war, schaffte es selbst an Tagen, an denen er sein Outfit frei wählen konnte, nicht aus dem Kittel heraus.

„Was denn? Das kommt bei den Frauen einfach super an. Völlig egal, ob im wahren Leben, in grüner OP-Kluft an Karneval oder blutverschmiert an Halloween. Die Mädels stehen eben auf Akademiker“, hatte Ben geantwortet, als Max ein letztes Mal den verzweifelten Versuch gestartet hatte, ihn zu einem anderen Kostüm zu überreden.

Max war Handwerker, Maurer, um genau zu sein. Nicht einmal an Halloween gelang es ihm, aus dem Schatten seines renommierten Freundes herauszutreten – was sich selbst in seinem Kostüm widerspiegelte. Ein schwarz-rot-kariertes Hemd, eine zerrissene Latzhose, ein schwerer Werkzeuggürtel und ein gelber Helm, in dem eine Axt steckte und aus dem das Blut über Gesicht und Kleidung lief.

Er liebte seinen Job, hatte aber immer das Gefühl, ganze Etagen unter Ben zu stehen; mit Stufen kam man da nicht mehr aus. Dieser erzählte ständig „coole Geschichten aus dem OP“. Was sollte Max dem entgegensetzen? Storys über Mörtel, Steine und Schweiß beeindruckten die Frauen zumeist nicht so sehr.

„Hier, da sind wir. Um die Ecke müsste der Briefkasten stehen“, riss Ben Max aus seinen Gedanken.

„Was? Ach so, ja. Das Finanzamt. Okay, ich laufe schnell. Ich bin in spätestens einer Minute zurück.“

„Die werden das schon aussortieren.“

Max verließ das Auto und machte sich mit dem dicken Umschlag, der seine Steuererklärung beherbergte, auf den Weg. Er wusste nicht wirklich, was relevant war und was nicht. Deshalb hatte er zur Sicherheit alles eingetragen und kopiert, was er gefunden hatte. ‚Die werden das schon aussortieren‘, war sein Gedanke.
Nun bangte er allerdings, ob er den dicken Umschlag wirklich in den Briefkasten bekommen würde.

Am Haupteingang des Finanzamtes angekommen, wunderte er sich über das rot-weiße Klebeband und den großen Zettel an der Postbox: Bitte nichts einwerfen, Schloss kaputt. Nehmen Sie den Kasten im Gebäude. Tür steht offen. Happy Halloween.

Happy Halloween? Ein seltsamer Gruß vonseiten des Finanzamtes. Aber gut, was sollte es. Wahrscheinlich wurde ein armer Beamter, der bereits in sein Halloween-Kostüm geschlüpft war und schnell los zur Party wollte, mit dem Abkleben des Briefkastens beauftragt.

Max ging zur großen, doppelflügeligen Tür des grauen Betonklotzes und zog vorsichtig an dem dicken Griff. Tatsächlich ließ sich das schwere, mehrfach verglaste Monstrum recht einfach öffnen. Vorsichtig schlich Max ins Innere des Gebäudes. Dort war es dunkel, und es wirkte trostlos und unfreundlich. Es hätten nur noch ein paar Kürbisgesichter gefehlt und man hätte die perfekte Location für eine super schaurige Halloweenparty gehabt – Spinnweben gab es bereits genug.

Dieser Geruch … als hätte der „Duft“ Jahrhunderte alter Akten sich mit dem Angstschweiß der armen Steuerpflichtigen gepaart. Und über all dem hing das schwere, sich täglich erneuernde Aroma von Kaffee. Viel Kaffee. Literweise Kaffee.

„Anders kann man sich in diesem öden Job wahrscheinlich wirklich nicht wachhalten“, murmelte Max in seinen Dreitagebart, während er sich auf die Suche nach dem erwähnten Briefkasten machte. „Irgendwo muss das Ding doch sein.“

Max suchte konzentriert das Entree des tristen Gebäudes ab, fand aber nichts, das nur im Ansatz so aussah, als sei es für den Einwurf von Post gemacht.

Zimmer 666

Plötzlich nahm er aus dem Augenwinkel einen Schatten wahr, der in der Ferne durch den Flur huschte. Die feinen Härchen an seinen Armen stellten sich auf und ein kalter Schauer kroch wie eine dicke Spinne seine Wirbelsäule herunter.

„Hallo?“, rief Max mit einem unerwarteten Zittern in der Stimme.

‚Was ist hier los? Warum bin ich so nervös? Irgendwelche einsamen Beamten, die auch an Halloween lieber Akten wälzen, als sich mit Menschen zu umgeben, gibt es bestimmt. Und wo sollte man sie sonst finden, wenn nicht hier?‘, sprach er sich in Gedanken Mut zu.

Max schüttelte sich, richtete sich auf und versuchte die Kontrolle über seine Stimmbänder zurückzuerlangen. Weitaus gefestigter startete er einen neuen Versuch: „Hallo? Ist da jemand? Entschuldigung, können Sie mir vielleicht helfen? Ich suche den Briefkasten.“

„Zimmer 666“, antwortete eine dünne, gehauchte Stimme so leise, dass Max sich nicht sicher war, ob er die Raumnummer richtig verstanden hatte.

„Tut mir leid, ich konnte Sie nicht richtig verstehen. Könnten Sie das bitte wiederholen?“, rief er in die Dunkelheit des Flures.

Kaum lauter als zuvor hauchte die Stimme wieder: „Zimmer 666.“

All das kam Max reichlich unheimlich vor und die Gänsehaut ergriff erneut Besitz von ihm. Den dicken Umschlag in seinen Händen fest umklammernd, setzte er mit Bedacht einen Schritt vor den anderen und bewegte sich so beinahe in Zeitlupe Richtung Lichtschalter – der, wie sollte es anders sein – keine Funktion aufwies.

‚War klar‘, war sein einziger Gedanke und sein Körper unterstrich diesen mit einem weiteren Schauer.

Max klemmte sich seine Unterlagen unter die Achsel und kramte in der Tasche seiner Latzhose nach dem Handy. Er zuckte nicht einmal, als er sah, dass er keinen Empfang hatte. ‚Logo.‘ Zum Glück ging es ihm auch nicht um ein Telefonat, sondern um die Taschenlampen-App, die zumindest noch funktionierte. ‚Puh, Gott sei Dank!‘

Im Schein des geringen Handylichts schlich Max weiter den Flur hinauf, bis er am Ende tatsächlich einen Raum mit der Nummer 666 fand. Dieser wirkte jedoch weder wie eine Verwaltung, noch sah er aus wie ein Büro. Vielmehr schien es, als hätte jemand lieblos mit Farbe die Zahlen an die Tür geschmiert. Mit roter Farbe. ‚Herr, bitte lass es Farbe sein‘, schoss es Max durch den Kopf.

Er klopfte. Einmal. Ein weiteres Mal. Erneut. Als seine Hand sich langsam Richtung Klinke bewegen wollte, öffnete sich die Tür knarzend und wie von Zauberhand. ‚Kalter Schauer, du alter Vertrauter.‘

„Hallo? Ist da jemand? Ich … ich wollte meine Steuerunterlagen abgeben. Soll ich sie hier einfach irgendwo hinlegen?“

Während Max mit aller Anstrengung versuchte, in dem stockdunklen Raum auch nur die Wand oder das Fenster ausmachen zu können, raste ihm plötzlich eine schaurige Fratze entgegen, die wie ein kalter Sturm durch ihn hindurchflog.

Max begann unverzüglich zu schreien, ließ seinen Umschlag fallen und rannte, als ob der Teufel persönlich hinter ihm her wäre. Wobei – wer wusste schon, wer oder was das war.

Endlich die schwere Tür des Gebäudes erreicht, schossen ihm Tränen der Erleichterung in die Augen, als er sie öffnen und somit diesen schrecklichen Ort verlassen konnte.

Er raste um die Ecke und sprang in Bens Auto. Noch bevor er sich angeschnallt oder die Tür zugeschlagen hatte, schrie er seinen Kumpel bereits aus vollem Halse an, dass dieser Gas geben solle.

„Was? Was ist denn passiert?“

„FAAAAAHHHR!“, war das Einzige, was Max erwiderte.

Ben, der vom Auftreten seines Kumpels gleichermaßen irritiert und beängstigt war, tat, wie ihm befohlen und trat das Pedal bis ins Bodenblech.

„Wärst du mal zu Baumann gegangen.“

Nachdem die beiden eine Weile stumm Richtung Party gefahren waren und Max sich etwas beruhigt hatte, startete Ben erneut einen vorsichtigen Gesprächsversuch.

„Magst du erzählen, was da los war?“

„Ich weiß nicht mal, was ich erzählen sollte. Also, wer das war. Oder WAS.“

„Was? Wie meinst du das? Ein Tier?“

Max, der ganz genau wusste, dass das, was er im Inneren des Finanzamtes gesehen hatte, kein Tier war, ahnte aber auch, dass sein Kumpel ihm ohnehin nicht glauben würde.

„Ja … ja, vielleicht. Vielleicht ein Tier. Eins, das gerade meine Unterlagen frisst. Es war auf jeden Fall mega gruselig und ich will nie, nie wieder dahin müssen.“

„Ich will nun echt kein Salz in die Wunde streuen, aber …“

„Ja, ja, ja, ich weiß: ‚Wärst du mal zu Baumann gegangen.‘ Du hast mir oft genug von deinem Steuerberater vorgeschwärmt und ich hätte auf dich hören sollen. Aber glaube mir, zukünftig darf er sich um alles kümmern, darauf kannst du einen lassen. Ich habe die Nase voll. Hast du vielleicht die Kontaktdaten für mich?“

„Klar, warte.“

Ben kramte eine Visitenkarte aus einem kleinen Fach in der Fahrertüre.

Hier steht alles drauf, was du benötigst, um die Baumann Steuerberatungs-GmbH kontaktieren zu können. So kannst du im nächsten Jahr entspannt mit mir Halloween feiern und musst dich nicht mit irgendwelchen Unterlagen und Viechern herumschlagen.“