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(Ergänzung zum YT-Video mit HKCM vom 21.04.23 – https://youtu.be/YnMW6Ffj3i8)

Bisher haben Ehepartner mit einem höheren Verdienstunterschied in der Regel die Steuerklassen 3 und 5 gewählt (gerne auch III und IV geschrieben). Diese fallen zum 1. Juli weg. Oh Schreck? Keine Sorge, wir erklären dir hier, warum diese Änderung in Kraft treten soll und was das Ganze für dich bedeutet.

Dieser Artikel behandelt die folgenden Punkte:

  • Motivation hinter der Neuregelung der Steuerklassen
  • Unterschied zwischen Lohn- und Einkommensteuer
  • Überblick über die einzelnen Steuerklassen
  • Spezielle Merkmale der Kombination aus den Steuerklassen 3 und 5
  • Auswirkung des Faktorverfahrens in der Steuerklasse 4
  • Zusätzliche Auswirkungen der Änderungen

Legen wir also los und arbeiten uns durch den Dschungel der Bedeutung von Steuerklassen, Kombinationen von Steuerklassen und der Neuregelung IV/IV+Faktor.

Neuregelung der Steuerklassen: Das ist der Hintergrund

Der Hintergrund ist kurz und knapp erklärt: Es sollen wieder mehr Frauen in den Arbeitsmarkt integriert werden, um den Fachkräftemangel einzudämmen. Durch die Neuregelung soll der jeweils geringer verdienende Ehepartner eine höhere Unabhängigkeit vom besser verdienenden Partner erreichen. Wir leben nicht mehr in der Mitte des letzten Jahrhunderts, als es noch normal war, dass ein Ehepartner arbeitete, während der genauer gesagt meistens die andere den Haushalt schmiss und sich um die Kinder kümmerte – das ist vorbei!

Der Gesetzgeber hat mit dem gesetzlichen Anspruch auf eine Elternzeit von drei Jahren sowie dem Anspruch auf eine Ü3-Betreuung bereits in der Vergangenheit die Grundlagen geschaffen, um wieder mehr Frauen in die Erwerbstätigkeit zu bringen. 

Und um das Nettoeinkommen der Frauen zu steigern, die durch die Elternzeit in der Regel weniger verdienen, soll die bisherige Kombination von Steuerklassen abgeschafft werden. Denn in den vergangenen Jahren hatten viele Frauen in Steuerklasse V, während der Hauptverdiener in Steuerklasse III hatte. Was zunächst auf der Lohnabrechnung des besser verdienenden Ehepartners schick aussah, hatte einige Nachteile und Tücken, wie du gleich lesen wirst.

Denn das ändert sich jetzt und wird durch die Steuerklasse IV mit Faktorverfahren abgelöst.

Was ist der Unterschied zwischen der Lohnsteuer und Einkommensteuer?

Aber beginnen wir mit den Grundlagen: Der Lohnsteuerjahresausgleich wurde mittlerweile durch die Einkommensteuererklärung abgelöst.

Die Lohnsteuer, die direkt mit der Lohnabrechnung berechnet und vom Arbeitgeber einbehalten wird, ist erhalten geblieben. Folglich ist die Lohnsteuer eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, die erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung berechnet wird – dort werden dann alle Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt. Das heißt, jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin führt monatlich die Lohnsteuer im Sinne einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer ab. Und je nach Steuerklasse ist der Lohnsteuerabzug hoch oder weniger hoch. Im Fall der Kombination aus Steuerklasse III und V ist der Lohnsteuerabzug bei Steuerklasse III weniger hoch, bei Steuerklasse V hoch. Warum das so ist, findest du etwas weiter unten ausführlich erklärt.

Übersicht über die einzelnen Steuerklassen

Aber noch kurz zu den Basics —> Es gibt in Deutschland die folgenden sechs Steuerklassen:

Steuerklasse I – Alleinstehende

Steuerklasse II – Alleinstehende mit Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Steuerklasse III – Ehepaare, wenn einer der Ehegatten die Steuerklasse V hat

Steuerklasse IV – Analog Steuerklasse I, nur für verheiratete

Steuerklasse V – Ehepaare, wenn einer der Ehegatten die Steuerklasse III hat

Steuerklasse VI – Bei mehr als einem Beschäftigungsverhältnis auf Steuerkarte

Spezielle Merkmale der Kombination aus den Steuerklassen III und V

Ehepaare, die die Kombination aus Steuerklasse III und V wählen, sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Die Kombination führt zu einer Nachzahlung, wenn nicht individuelle Abzugsbeträge wie negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten wie z. B. Vermietung und Verpachtung, Werbungskosten über dem Pauschbetrag, Vorsorgeaufwendungen oder außergewöhnliche Belastungen vorliegen.

Bisher war es sinnvoll, wenn der besser verdienende Ehepartner mindestens 60 % und der schlechter verdienende Ehepartner maximal 40 % des Gesamteinkommens erwirtschaftete, die Kombination der Steuerklassen III und V zu wählen.

Die Wahl der Steuerklassen III und V hat Auswirkungen auf den Lohnsteuerabzug und den Grundfreibetrag. Wenn der Hauptverdiener die Steuerklasse III wählt, wird hier auch der Grundfreibetrag des Ehepartners (Steuerjahr 2023: 10.908 EUR) berücksichtigt. Auf der anderen Seite, wenn der Partner mit der Steuerklasse V weniger verdient, wird bereits ab einem Bruttojahreseinkommen von ungefähr 1.700 EUR Lohnsteuer einbehalten.

Dies kann dazu führen, dass der Hauptverdiener weniger Steuern zahlt, während der geringer verdienende Partner bereits ab einem niedrigeren Einkommen Lohnsteuer abführen muss. Die Neuregelung soll diesem Ungleichgewicht entgegenwirken.

Auswirkung des Faktorverfahren in der Steuerklasse IV

Welche Änderungen ergeben sich nun für die Steuerklasse IV und was ist das Faktorverfahren? Das Faktorverfahren existiert bereits seit 2010, wurde jedoch bisher in der Praxis kaum angewendet.

Beim Faktorverfahren wird die Einkommensteuer, die auf das gesamte Arbeitseinkommen entfällt, auf die Ehepartner aufgeteilt. Und zwar so, wie sie tatsächlich entstanden ist. Die Freibeträge werden anteilig aufgeteilt. Hört sich gerecht an? Ist es auch!

Der Faktor wird dabei in einer Zahl mit drei Nachkommastellen berechnet.

Die Berechnung wird auf Antrag beim zuständigen Finanzamt vorgenommen und kann jederzeit geändert werden. Zur Betrachtung der Auswirkungen der Wahl der einzelnen Steuerklassen auf das monatliche Nettoeinkommen haben wir dir zwei Rechenbeispiele auf Basis von www.BMF-Steuerrechner.de erstellt.

Beispiel 1: Verheiratet, Alleinverdiener, konfessionslos

In diesem Beispiel haben wir einen verheirateten Alleinverdiener (konfessionslos) der einen monatlichen Bruttoarbeitslohn 4.500 EUR, also ein Jahresbrutto von 54.000 EUR verfügt.

Welche Auswirkung hat hier die Faktorberechnung?

FAKTORBERECHNUNG FÜR GEMEINSAM VERANLAGTE EHEPARTNER / LEBENSPARTNER 2023

nach dem Faktorverfahren ermittelte Werte

  • voraussichtliche Einkommensteuer beider Ehegatten / Lebenspartner: 4.704,00 EUR
  • Summe der errechneten Lohnsteuern beider Ehegatten / Lebenspartner (bei Steuerklasse IV / IV, ohne Faktor): 8.879,00 EUR
  • Aus den Angaben wurde der folgende Faktor errechnet: 0,529

Lohnsteuervergleich

Lohnsteuer nach Steuerkl.1. Person2. PersonSummeDiff. zur ESt
III / V4.714,00 EUR0,00 EUR4.714,00 EUR10,00 EUR
V / III14.305,00 EUR0,00 EUR14.305,00 EUR9.601,00 EUR
IV / IV (ohne Faktor)8.879,00 EUR0,00 EUR8.879,00 EUR4.175,00 EUR
IV / IV (inkl. Faktor)4.696,00 EUR0,00 EUR4.696,00 EUR-8,00 EUR

Wie aus der Beispielrechnung hervorgeht, gibt es zwischen dem Nettogehalt bei Steuerklasse III/V und IV/IV+Faktor keinen wesentlichen Unterschied. Im Gegensatz zu manchen Befürchtungen ist die einbehaltene Lohnsteuer auf Jahressicht sogar 18 EUR niedriger als bisher.

Beispiel 2: Verheiratet, beide gehen zur Arbeit, konfessionslos

In diesem Beispiel nehmen wir ein verheiratetes Paar (beide konfessionslos), beide gehen zur Arbeit. Der Mann verdient pro Jahr 54.000 €/brutto, die Frau verdient pro Jahr 24.000 €/brutto.

FAKTORBERECHNUNG FÜR GEMEINSAM VERANLAGTE EHEPARTNER / LEBENSPARTNER 2023

nach dem Faktorverfahren ermittelte Werte

  • voraussichtliche Einkommensteuer beider Ehegatten / Lebenspartner: 9.860,00 EUR
  • Summe der errechneten Lohnsteuern beider Ehegatten / Lebenspartner (bei Steuerklasse IV / IV, ohne Faktor): 10.446,00 EUR
  • Aus den Angaben wurde der folgende Faktor errechnet: 0,943

Lohnsteuervergleich

Lohnsteuer nach Steuerkl.1. Person2. PersonSummeDiff. zur ESt
III / V4.714,00 EUR4.254,00 EUR8.968,00 EUR-892,00 EUR
V / III14.305,00 EUR0,00 EUR14.305,00 EUR4.445,00 EUR
IV / IV (ohne Faktor)8.879,00 EUR1.567,00 EUR10.446,00 EUR586,00 EUR
IV / IV (inkl. Faktor)8.372,00 EUR1.477,00 EUR9.849,00 EUR-11,00 EUR

Die Summe der Lohnsteuerbeträge beider Ehegatten bei der Wahl III/V – also 8.968 € – ist im Jahresverlauf niedriger als die voraussichtliche Einkommensteuer. Diese liegt bei 9.860 €. Damit kann es hier zu einer Nachzahlung kommen. Wir erinnern uns: Bei der Kombination III/V ist die Abgabe der Einkommenssteuererklärung verpflichtend. Übersteigt der Nachzahlungsbetrag 400 EUR werden zudem Vorauszahlungen festgesetzt.

Hier wird der Vorteil der Kombination IV/VI+ Faktor besonders deutlich.

Denn bei der Steuerklassenkombination III / V in unserem Beispiel wird bei der Ehefrau mehr Lohnsteuer einbehalten als beim Ehemann. Obwohl sie weniger verdient, muss sie mehr Steuern zahlen. Und nicht nur das, diese Wahl führt zusätzlich zu einer Nachzahlung im Rahmen der verpflichtenden Steuererklärung.

Bei der Wahl der Steuerklasse IV / IV mit Faktorverfahren ändert sich das Verhältnis der einbehaltenen Lohnsteuer und gleicht sich dem Bruttolohn an. Auch hier muss eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden, jedoch führt diese zu einer geringeren Nachzahlung oder sogar Erstattung. Also alles in allem eine gute Sache, die auf der monatlichen Lohnabrechnung beim besser verdienenden Ehepartner zwar erstmal weniger „schön“ aussieht, unterm Strich aber für alle günstiger ist.

Zusätzliche Auswirkungen, die durch den Wegfall der Steuerklassen III und V entstehen

Der Nettolohn hat einen maßgeblichen Einfluss auf eine Vielzahl weiterer Leistungen. Er bestimmt unter anderem die Höhe des Anspruchs auf Krankengeld, Arbeitslosengeld und Elterngeld.

Ein höherer Nettolohn kann zu einem höheren Anspruch auf diese Leistungen führen. Wenn der Nettolohn jedoch niedriger ist, kann dies zu einer Reduzierung oder sogar zum Wegfall des Anspruchs auf diese Leistungen führen. Schlecht für den Ehepartner, der durch die Steuerklasse V weniger Netto bekommt.

Auch hier wird klar, dass der Wegfall der Kombination aus den Steuerklassen III / IV und die daraus folgende Neuregelung IV/IV+Faktor sinnvoll und wichtig ist.

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